Weihnachtsgeschichte 1_2022

Robi backt

Robi heißt eigentlich Robert und alle nannten ihn früher Robbi, aber irgendwann einmal meinte er, er sei schon groß und er sei keine Robbe und so hat man sich dann geeinigt, dass man von nun an Robi sagen würde. Also – die Betonung lag eindeutig auf dem ‚o‘. Nun war der Bursche in der zweiten Klasse Volksschule und die Frau Lehrerin sprach andauernd vom Backen, da es vor Weihnachten war. Leider hatte seine Mutti nicht wirklich viel Zeit, da sie arbeiten ging und sehr beschäftigt war. Der Paps grinste nur, als sein Sohn ihn darauf ansprach und meinte:

„Na da tät sich die Mutti aber schön bedanken – ich und backen – also wirklich – das kann ich nicht. Ich kann ein Wohnzimmer ausmessen und schön einrichten, die Vorhänge aussuchen, aber in der Küche bin ich eine Niete! Tut mir leid, Robi, da musst du schon zur Mutti gehen.“

„Aber die hat ja keine Zeit und am Abend muss ich schlafen gehen. Schade. Ich hätte so gerne Keksi gemacht.“

Robi blieb also mit seinem Wunsch ganz alleine. Aber nach einigen Tagen kam seine große Chance. Die Eltern waren noch in ihren Firmen und die Oma, die sonst auf ihn aufpasste, musste zum Arzt zu einer Behandlung. Sturmfreie Bude! Er suchte sich alle Sachen, die er brauchte, zusammen und las aufmerksam das Rezept, das er sich ausgesucht hatte.

‚Das kann doch nicht so schwierig sein‘ machte er sich Mut und tatsächlich hatte er schon bald einen Teigknödel auf dem Tisch liegen. Er kostete neugierig. ‚Bääh, das schmeckt ja grauslich! Da gehört noch Zucker ran.‘ Gedacht – getan. Der Teig wurde immer härter und brüchiger. Es krümelte wie im Sandkasten, wenn zu wenig Wasser an den Matsch gemacht wurde. Nach kurzem Überlegen gab er, wie im Sandkasten, ein bisschen Wasser dazu. Keine gute Idee. Jetzt begann das Ganze nämlich fürchterlich zu mantschen. Die Finger verklebt, der Arbeitstisch eine Katastrophe. ‚Noch Mehl dazu‘ war sein rettender Gedanke – auch nicht viel besser. ‚Backen ist doch nicht so einfach wie ich gedacht habe‘. Er sah auf den jämmerlichen Haufen, wollte aber um keinen Preis aufgeben. Mit dem Mut der Verzweiflung formte er aus der klebrigen Masse kleine Häufchen und drückte sie auf das Backblech. Dann schob er es in den Ofen, drehte auf und sah erwartungsvoll durch das Sichtfenster. Er setzte sich auf den kleinen Küchenschemel und wartete. Zuerst geschah gar nichts. Dann begann die Masse zuerst auseinander zu laufen und dann beobachtete Robi, wie sich am Rand kleine Blasen bildeten und das Ganze eine goldbraune Farbe bekam. ‚Soll ich jetzt abdrehen?‘ Es begann tatsächlich nach Kuchen zu riechen – ein kleiner Hoffnungsschimmer. ‚Jetzt ist es soweit. Ich dreh ab.‘ Er machte den Backofen auf getraute sich aber nicht das Blech herauszunehmen weil es viel zu heiß war. In der ganzen Wohnung roch es wirklich gut. Nur – einen Geruch kann man nicht essen.

Dann sah er sich in der Küche um. ‚Die Mutti wird schimpfen‘ war sein einziger Gedanke. ‚Na vielleicht freut sie sich über die Kekse‘. Aber da sah es wirklich aus! Alles klebte, überall war Mehl und Zucker – mit einem Wort – es sah furchtbar aus. Jetzt meldete sich das schlechte Gewissen und wer weiß, was Robi sonst noch eingefallen wäre, wäre da nicht die Mutter nach Hause gekommen. Im ersten Moment sagte sie:

„Mmmhh! Da riecht es aber gut! Mutter? Bist du doch da?“

Sie kam in die Küche und erschrak. Es schien, als ob sie langsam einfrieren würde.

„Um Himmelswillen! Was ist denn da passiert? Hat da eine Bombe eingeschlagen?“

Sie sah Robi, der noch immer wie ein Häufchen Unglück vor dem offenen Herd saß und schuldbewusst zu ihr hinaufsah.

„Wie bist du denn auf diese Idee gekommen?“

„Ich wollte dir eine Freude machen und habe ein paar Kekse gebacken. Da sieht’s aus… ‚tschuldige.“

Irgendwie war Mutti gerührt, dass der Aufwand für sie geschehen war.

„Na, dann wollen wir mal probieren.“

Es war gar nicht so leicht, so ein Häufchen vom Blech zu lösen. Vorsichtig versuchte sie hineinzubeißen. ‚Hart. Steinhart. Steinhart und picksüß. Eigentlich ungenießbar‘. Robi wagte es auch und dachte ähnliches.

„Die sind aber sehr knusprig. Eigentlich hart. Was kann man da machen?“

„Wir werden sie in eine Dose legen, dann sind sie zu Weihnachten sicherlich weich. Okay?“

„Okay.“, sagte Robi erleichtert. „Und die werden wirklich?“, schob er ungläubig nach.

 „Wir werden sehen. Aber für alle Fälle werden wir am Sonntag zusammen Kekse backen. Zu zweit geht das ja viel besser – und eine Hilfe brauche ich so und so. Und jetzt machen wir sauber.“

Backen mit Mutti am Sonntagvormittag war lustig. Am Nachmittag ging Robi mit seinem Paps nach Schönbrunn. Das war auch lustig.

Mutti hingegen machte heimlich noch eine Partie Plätzchen, so hässlich es ging. Sie sollten so wie Robis Kekse aussehen. Zu Weihnachten wurde dann verkostet und siehe da, ein Wunder! Die Kekse waren weich geworden. Ganz stolz glänzten seine Augen. Doch eines war für ihn ganz sicher: Alleine backen würde er nie wieder.

geschrieben von Soreylia 2013 A.D.

21 Kommentare on “Weihnachtsgeschichte 1_2022

  1. Streuselteig und Hefeteig sind eigentlich viel zu schade, um gebacken zu werden. Die schmecken roh vieeel besser. Am besten, man macht bissel mehr, damit man was Naschen kann. Sonst kann es passieren, dass der Teig nicht reicht. Unsere Mutti hat das mit Mehlklössen immer so gemacht, weil meine Brüder schon etliche verspult hatten, bevor sie ins Wasser gewandert sind. 😋

  2. Alle die meinen sie sind Küchenschreck:
    Man kann alles lernen. Man muss es nur wollen 😬😂👍!
    Es kommt nur auf den Versuch darauf an. 😳🤔💭🧐
    Und von Fehlversuchen nicht abschrecken lassen. 😉🍀
    Aber ok, jeder hat sein Steckenpferd woanders. Insofern sei der Küchenschreck auch akzeptiert. 🥰

    1. Beim „Backstuben-Schreck“ dachte ich eher ans Teig-Naschen… und nun sind wir also schon zu dritt…! :- ) …wer outet sich noch als Naschkatze, ähm Naschkater? ;- )

  3. Einen nette Geschichte. 😀🥰

    Ich habe als Kind immer mit meiner Mama gebacken. Die hatte immer eine Engelsgeduld mit mir.
    Zum Schluss durfte ich aus dem Teigrest selber was formen. 😉👍
    Ach was sind das schöne Kindheitserinnerungen. 🤔💭🥰

    Inzwischen bin ich groß genug um selbst zu backen. 😬
    Egal ob Plätzchen (Kekse), Kuchen oder sonstiges. 😋😋😋

    Und Teig naschen ist eine meiner Spezialitäten. 😬😂😂😂👍
    Egal welcher. 😉🍀

  4. Danke für die herzige Geschichte. Und das Beitragsfoto hat mich grad dazu verleitet, nun doch auch noch ein paar Guetzli (Kekse) zu backen! :- ) Das will was heissen.
    PS: Schnaust (esst) ihr auch gerne Teig-Abschnitte…? Ich oute mich schon wieder. *augenroll“

    1. Mürbteig nasche ich eigentlich nicht.
      Aber bei Germteig muss ich mich anketten wie ein Werwolf bei Vollmond, wenn der Teig erfolgreich aufgehen soll – sonst landet er schon vor dem Backen in meinem Wanst…

  5. Da sieht man es mal wieder: Jungs sind meistens Mama-Kinder, während Mädchen mehr Papa-Kinder sind. In unserer Familie ist es jedenfalls so…

    1. Naja, wenn man ein Mama-Kind ist, dann hat mans ja leicht, mit der Mutti in der Küche zu stehen und mitzubacken!
      Bei Papa-Kindern (von denen auch ich eher eines bin) ist das meist nicht möglich. Mein Vater hätte den Teufel getan, irgendetwas zu kochen, backen oder auch nur zu schnippeln… Eh besser, ich bin sicher, meine Mutter hätte ihn auch umgehend aus der Küche verjagt 😄

      Also habe auch ich so einen „Robi backt – Tag“ in meiner Kinheit gehabt. (auch allein zuhause….) Nur…. meine Venillekipferln sind – fragt mich nicht, wie ich das hingebracht habe – besser geworden als die meiner Mutter!

      Blödes Eigentor – ab da „durfte“ ich jedes Jahr wieder sowas herstellen…😮

      1. Bei uns war es so, daß jedes Wochenende ein anderes Familienmitglied das Essen machen mußte. Also war man alle 3 Wochen dran (Mutter, Bruder und ich). Und nein, man durfte nicht jedesmal das gleiche kochen…

      2. „Blödes Eigentor – ab da „durfte“ ich jedes Jahr wieder sowas herstellen…😮“
        Tja, hat man einmal was richtig gemacht, dann hat man den „Job“ für immer.

    1. Diese Geschichte ist ja, wie man unten lesen kann, von Soreylia geschrieben. Und die war eine wirklich hingebungsvolle Mutti für zwei Buben und ein Mädchen. Soweit ich das mitbekommen habe, waren die Buben eher am Verzehr der Unmengen von verschiedensten superleckeren Keksen, die Soreylia jedes Jahr gebacken hatte, interessiert als an der Zubereitung. Beim Mädel war das Interesse daran – zumindest als es klein war – doch vorhanden.
      Hätte sie einen Robi gehabt, so hätte sie sicher GENAU DAS getan!

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